Ohne Erinnerung keine Gegenwart und Zukunft – Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in Oberursel


Zum 79. Mal jährte sich am 27. Januar 2024 die Befreiung des Konzen­trations- und Vernichtungslagers Auschwitz. An diesem Tag wird seit 1996 aller Opfer des National­sozialismus gedacht.

Die Erinnerungskultur hat auch in Oberursel (Taunus) einen hohen Stellenwert und so gedachte die Stadt in Kooperation mit der Initiative Opferdenkmal e. V. und der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Hochtaunus e. V. in einer Gedenkstunde mit Kranz­niederlegung am Opferdenkmal an der Hospitalkirche der Geschichte.

„In den aktuellen Zeiten, in denen das Kriegsgeschehen auf der Welt wieder zugenommen hat, denken wir an den Krieg in der Ukraine und den blutigen Konflikt in Israel und im Gazastreifen, kommt der fortwährenden Erinnerung an die nationalsozialistischen Verbrechen und an die Schuld und Verantwortung der Deutschen eine zunehmende Bedeutung zu“, betonte Stadtkämmerer Jens Uhlig, der Bürgermeisterin Antje Runge vertrat.

„Auschwitz ist das Symbol für das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte. Auschwitz ist aber auch das Symbol für den Widerstand, die Solidarität und die Menschlichkeit, die trotz allem nicht erloschen sind. Auschwitz ist eine Mahnung und eine Herausforderung für uns alle. Heute wollen wir innehalten, gedenken und uns erinnern. Wir erinnern uns an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft: Wir gedenken der Millionen Juden, Sinti und Roma, Homosexueller, Menschen mit Behinderungen, Zeugen Jehovahs und politisch Verfolgter, Zwangsarbeiter, die Opfer des Nationalsozialismus wurden.

Uhlig zitierte aus dem Grundgesetz den Artikel 1, Absatz (1): „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Sowie aus dem Artikel 3, Absatz (3): Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“

Dass es in 2024 Menschen gibt, die dem Bundestag oder Landesparlamenten angehören, die über eine Remigration von Asylbewerbern, Ausländern mit Bleiberecht oder „nicht assimilierten Staatsbürgern“ schwadronieren, ist beschämend. Jeder Parteifunktionär, der angesichts solcher Reden versucht zu beschwichtigen oder die Aussagen kleinzureden, entlarvt sich als sprichwörtlicher Herr Biedermann, der den Brandstiftern Unterschlupf gewährt.“

Am Ende seiner Rede wandte sich Uhlig mit einem Aufruf an die zahlreichen Besucherinnen und Besucher der Gedenkveranstaltung: „Lassen Sie uns alle, jeder in seinem unmittelbaren Umfeld, für ein gesellschaftliches Klima kämpfen, das jede Form von Intoleranz und Rassismus ächtet.“

Neben dem Stadtkämmerer sprach Dietrich Andernacht als Mitglied der Initiative Opferdenkmal e. V., der auf die Wichtigkeit der großen Kundgebung gegen Rechtsextremismus am Vortag in Oberursel verwies, um weiterhin entschieden gegen Antisemitismus und Ausgrenzung von Menschen und ganzen Gruppen vorzugehen und nicht nur ein einzelnes Zeichen zu setzen. Marianne Jäger als Vertreterin der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit e. V. erinnerte beispielhaft an die beiden Oberurseler Jüdinnen Meta Schnitzlein und Bertha Röder, die aus ihren Häusern inmitten der Stadt vertrieben wurden.

Tibi Aldema, ebenfalls von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit e. V., sprach am Ende auf Hebräisch ein kurzes Gebet für alle Toten. Die deutsche Übersetzung danach las Marianne Jäger.

Alle Rederinnen und Redner bekräftigten den Aufruf: „Nie wieder – ist jetzt. Die Lehren aus der NS-Zeit sollen an die zukünftigen Generationen weitergegeben werden. Das Mahnen und Gedenken ist unser aller Pflicht.

Am Ende der Gedenkstunde erfolgte die Kranzniederlegung und Schweigeminute am Opferdenkmal gemeinsam durch Stadtverordnetenvor­steher Lothar Köhler und Stadtkämmerer Jens Uhlig.

 

Jens Uhlig

Stadtkämmerer


Fotos: Berthold Schinke

Auf dem einen Bild sehen Sie Stadtkämmerer Jens Uhlig (rechts) und Stadtverordnetenvorsteher Lothar Köhler (links) bei der Kranzniederlegung.