stadtwald

Verjüngungskonzept für den Oberurseler Stadtwald

Verjüngungskonzept für den Stadtwald Oberursel – bereits 8.000 standortheimische Setzlinge gepflanzt

Der Oberurseler Stadtwald befindet sich – wie die meisten Hessischen Wälder – nach trocken-heißer Witterung und Borkenkäferbefall in einem schlechten Zustand. Ursachen hierfür sind Trockenstress, Trockenschäden, Temperaturanstieg, Rückgang der Niederschläge, anders verteilte Niederschläge sowie extreme Wetterereignisse wie Sturm und Starkregen. Auch sind massive Trockenschäden an vielen Baum­arten zu verzeichnen. Durch die Trockenheit in den Sommermonaten steigt auch die Waldbrandgefahr.

„Unsere Wälder sind im besonderen Maß vom Klima­wandel betroffen und werden in Zukunft noch stärker von Witterungsextremen wie Trockenheit, Hitze und Schädlingen heimgesucht werden. Daher ist es wichtig, unseren Stadtwald für die Zukunft fit zu machen“, so Luis Kriszeleit, Forstingenieur und Wild­tierbiologe und für den BSO als Förster für den Oberurseler Stadtwald zuständig. „Unser Ziel ist es, einen artenreichen, klimatoleranten, standortgerech­ten und stabilen Mischwald aufzubauen, in dem die Naturverjüngung ohne Entmischung durch Wildver­biss artenreich auftreten und sich der Wald somit in Zukunft selbständig verjüngen kann.“

Kurz-, mittel- und langfristige Strategien, um die Flächen in ihrer Funktion zu erhalten und dem Klima­wandel anzupassen sind:

Der Oberurseler Stadtwald muss in Teilen weiter klimatolerant umgebaut werden. Dies bedeutet einen massiven Umbau der ehemaligen Fichtenrein­bestandsflächen und Aufbau eines klimatoleranten Mischwaldes, der sich den Klimaveränderungen anpassen kann.

Die waldbauliche Zielsetzung in Oberursel ist es, keine Reihenbestände mehr zu begründen und min­desten vier Baumarten in den zukünftigen Beständen zu etablieren. Dies bedeutet gemischte und gestufte Bestände aufzubauen, wie auch die jagdlichen und betrieblichen Ziele dem Klimawandel anzupassen.

Durch die Risikostreuung des 4-Baumarten-Kon­zepts setzt man auf verschiedene Baumarten, da in Zukunft noch nicht sicher ist, wie die einzelnen Arten weiter mit dem Klimawandel zurechtkommen. Zum größten Teil sollen standortangepasste, heimische Bäume verwendet werden, die zur natürlichen Wald­gesellschaft passen. Bei der Aufforstung können auch nicht heimische und klimastabile Baumarten berücksichtigt werden, wie z.B. die Douglasie.

Zu schnelle Aufforstungsmaßnahmen sollten nicht getroffen werden. Vielmehr sollte abgewartet wer­den, welches Potenzial die natürliche Verjüngung haben wird. Aufforstungsmaßnahmen sollten behut­sam und wohlüberlegt durchgeführt werden, da hohe Risiken eingegangen werden und enorme Kosten anfallen.

Zu den Risiken gehören neben dem Klimawandel auch Schädlinge (Insekten, Pilze, Mäuse), Wild, Konkurrenzvegetation (Brombeere, Adlerfarn). Es wird ein enormer Personalaufwand für die Pflege und den Schutz der aufgeforsteten Flächen anfallen.

Als Verjüngungsarten kommen grundsätzlich die Naturverjüngung (natürliche Verjüngung) sowie die Saat und Pflanzung (künstliche Verjüngung) in Frage. Die Naturverjüngung eignet sich, wenn stand­ortgerechte und vitale, qualitativ gut veranlagte Baumarten (Mutterbäume) als potenzielle Samen­bäume vorhanden sind. Die Naturverjüngung hat ökologische und wirtschaftliche Vorteile im Vergleich zu den anderen, künstlichen Verjüngungsarten. Es fallen keine hohen Kosten für die Baumschulpflanzen sowie die Pflanzung oder die Saat an. Dies spart Zeit und Geld. Außerdem findet dadurch eine geringere Störung im Ökosystem statt. Die jungen Bäume erleiden keinen Pflanzschock und sind besser an die örtlichen Verhältnisse wie Standort und Klima ange­passt. Dadurch können sich die Wurzeln ungestört entwickeln und tiefere Bodenschichten erreichen. Das macht den zukünftigen Bestand stabiler. Zudem werden eine viel höhere Anzahl von Nachkom­menindividuen auf die Fläche gebracht, als es mit einer Pflanzung möglich wäre. Vorteil der Natur­verjüngung ist es, dass nicht alle Bäume gleich­mäßig, sondern im Höhenwachstum differenziert wachsen. Sie werden feinastiger und stabiler.

Auf vielen Kalamitätsflächen in Oberursel kann auf die Naturverjüngung gesetzt werden, da der Ober­urseler Stadtwald ein sehr breites Baumarten­spektrum hat und somit viele potentielle Samen­baume bietet. Unter Naturverjüngung ist die Selbst­aussamung wie Aufschlag (nicht flugfähige Samen wie z.B. Eiche, Buche und Esskastanie), Anflug (flugfähige Samen wie Fichte, Kiefer, Birke und Ahorn) oder die vegetative Vermehrung durch Stock­ausschlag oder Wurzelbrut zu verstehen. Dies trifft vor allem auf die tieferen, stadtnahen Lagen im Oberurseler Stadtwald zu.

Zu späteren Zeitpunkten können weitere Baumarten durch Ergänzungspflanzungen eingebracht werden, um das Baumartenspektrum zu erhöhen. Auch sind mögliche Bepflanzungen von Fehlstellen in der Naturverjüngung möglich. 

Eine Besonderheit in Oberursel bildet die Ess­kastanie, die als mediterrane Baumart mit dem Klimawandel sehr gut zurechtkommt. Die Ess­kastanie ist wärmeliebend und wurde von den Römern in Mitteleuropa verbreitet. Auf den Flächen rund um den Schulwald stellt sich schon die erste Naturverjüngung ein. Die Esskastanie ist hier eine Baumart, die sich sehr gut verjüngt. Auch sind schon weitere Baumarten aufgelaufen wie z.B. Eiche, Lärche, Kiefer, Fichte und die Pionierbaumarten Birke, Weide, Aspe und Vogelbeere.

Auch ein Vorwald aus schnellwachsenden Pionier­baumarten bietet Schutz vor Frost und Hitze und ermöglicht später das Einbringen von Hauptbaum­arten unter dem Schutz des Vorwaldes (Schirm).

Auf großflächige Pflanzungen wird nur dort gesetzt, wo Baumarten als Samenbäume fehlen oder sich keine Verjüngung aus den gewünschten Baumarten einstellt. Dies zeigt sich vor allem in den höheren Lagen im Stadtwald Oberursel.

Frühjahrspflanzung 2021: 8.000 standortheimi­sche Forstsetzlinge für den Oberurseler Stadt­wald

Dieses Frühjahr konnten bereits über 8.000 Forst­setzlinge gepflanzt werden, unter Leitung des BSO-Forstteams und mit Unterstützung professioneller Forstunternehmen, die auf Pflanzung spezialisiert sind.

Ein Großteil der Pflanzmaßnahme hat in Kooperation mit dem Bergwaldprojekt e.V. und der Commerzbank stattgefunden. Hier wurden 7.500 junge, standort­heimische Bäume, die im Rahmen des ökologischen Waldumbaus gesetzt wurden, gepflanzt. Es wurden 3.000 Eichen, 1000 Winterlinden, 1.000 Spitzahorne, 1000 Vogelkirschen, 1.000 Bergahorne, 200 Ess­kastanien, 200 Speierlinge und 200 Elsbeeren ge­pflanzt.

Die Mehrheitsentscheidung fiel auf die Eiche, da es sich hier um eine bestandsstabilisierende Misch­baumart handelt, die eine günstige Klimaprognose zeigt und äußerst wärme- und trockenheitstolerant ist. Die Eiche ist die zweitwichtigste Laubbaumart nach der Buche. Sie ist eine ökologisch wichtige Baumart, die auch für den Naturschutz besonders relevant ist.

Die Winterlinde als Schattlaubholz wird als dienender Nebenbestand zur Eiche und Esskastanie gepflanzt. Zu den Eichen, Esskastanien und Winterlinden wird sich Vogelbeere, Birke, Aspe und Weide als Natur­verjüngung einstellen, die als Füll- und Treibholz dienen.

Die Vogelkirsche, der Speierling und die Elsbeere gehören zum Wildobst und sind früchtetragende Edellaubhölzer. Das Wildobst dient Wildtieren, wie z.B. Mardern, Dachsen, Igeln, Bilchen sowie Insek­ten (Bienenweide) als Nahrung und ist deshalb ökologisch sehr wertvoll. Das Wildobst ist wärme­liebend und lässt sich gut mit der Eiche vergesell­schaften.

Es wurden zwei große, gezäunte Forstkulturen ange­legt. Die Pflanzflächen befinden sich in der Wald­abteilung 32 (obere Hünerbergwiese und unterhalb der Emminghaushütte) des Oberurseler Stadtwal­des, die besonders von der Borkenkäferkalamität betroffen sind. Der Zaun ist zwei Meter hoch und dient zum Schutz vor dem Wild. Auf großflächige Pflanzungen wird nur dort gesetzt, wo Baumarten als Samenbaume fehlen oder sich keine Verjüngung aus den gewünschten Baumarten einstellt. Dies zeigt sich vor allem in den höheren Lagen im Stadtwald Oberursel.

Zusätzlich wurden Weißtannen und Douglasien im Einzelschutz trupp- bis gruppenweise (30-50 Stück) auf geeigneten Standorten durch die Forstwirte des BSO eingebracht. Die Weißtanne, die auch Edel­tanne genannt wird, ist eine Baumart, die eine hohe Wurzelenergie aufweist und mit ihrer Pfahlwurzel in der Lage ist, Wasser in tieferen Schichten zu erreichen. Die Tanne bietet sich als Mischbaumart zur Buche und Fichte an und ist in den hören Lagen des Stadtwaldes als Ergänzungspflanzung gepflanzt worden, um eine weitere Baumart einzubringen. Da die Weißtanne sehr anfällig für Wildverbiss ist, kann sie nur im Einzelschutz gepflanzt werden.

Die Douglasie ist unsere wichtigste, fremdländische Baumart, die über sehr gute Wuchsleistungen ver­fügt und zudem wesentlich trockenheitsresistenter ist als die Fichte. Da die Douglasie sehr empfindlich auf die Pflanzung reagiert, wird sie in sogenannten Wuchshüllen gepflanzt. Bei den Wuchshüllen han­delt es sich um lichtdurchlässige Röhren, die ein günstiges Innenklima schaffen und zudem noch vor Wildverbiss schützen.

Eine weitere Variante der Verjüngung von Waldbe­ständen stellt die Wildlingsgewinnung dar, die im Stadtwald dieses Jahr ebenfalls zum Einsatz kom­men wird. Die natürliche Verjüngung der Wälder bietet einen unerschöpflichen Vorrat an jungen Pflanzen. Doch nicht überall läuft die gewünschte Verjüngung auf, da die Samenbäume fehlen. Des­halb werden Wildlinge aus Naturverjüngung gewon­nen und an den gewünschten Stellen wieder einge­setzt. Die Wildlingsgewinnung stellt im Vergleich zur Baumschulpflanzenware eine kostengünstige und herkunftsgerechte Alternative dar.

Folgende Vorteile sprechen für die Wildlinge: ge­sicherte Herkunft, pflanzfrisch, ständige Verfüg­barkeit und die Kostenreduktion. Hierbei dürfen nur Wildlinge aus dem eigenen Forstbetrieb verwendet werden, da sie nicht dem forstlichen Vermehrungs­gutgesetz unterliegen.

Es werden Wildlinge aus den tieferen Lagen des Stadtwaldes, z.B. von der Esskastanie und der Küstentanne, ausgepflanzt, die in den höheren Lagen fehlen.

Außerdem wurde das gesammelte und abgegebene Saatgut von den Oberurseler Bürgerinnen und Bürgern sowie Schulklassen vom BSO ausgebracht.

Es werden dieses Jahr auch wieder „kleine und große Saatgutsammler“ im Herbst als Waldhelfer gesucht. Hier können Oberurseler Bürgerinnen und Bürger, wie auch Schul- und Kindergartenkinder helfen, die Samen und Früchte der Bäume (Eicheln, Esskastanien und Bucheckern) zu sammeln und diese auf den Schadflächen auszubringen oder dem BSO zur Verfügung stellen, der dann das Saatgut ausbringt. Ziel ist es, durch das Verteilen der Samen fehlende Mischbaumarten auf die Fläche zu bringen. Auf den Schadflächen fehlen die Baumarten Eiche und Esskastanie.

Im Herbst ist eine weitere, große Pflanzmaßnahme in Kooperation mit der Raiffeisenbank Hochtaunus eG /Meinebank in Planung. Hier soll eine Forstkultur mit Eiche, Winterlinde und Hainbuche angelegt werden.

Auch haben sich verschiedene Oberurseler Hand­werksbetriebe bereit erklärt, den Stadtwald bei der Wiederaufforstung zu unterstützen. Zudem erhält das BSO- Forstteam im August Unterstützung von drei Auszubildenden im Lehrberuf Forstwirt.

Michael Maag

BSO-Betriebsleiter