Zukunft Innenstadt

„Ursel-Garten“ für mehr Biodiversität


Weitere Umsetzungen des Förderprogramms Zukunft Innenstadt unterstützen Schmetterlinge und Wildbienen.

Weihenstephaner Gold, rotlaubiger Fenchel oder zart duftender Lavendel: In einem Seitenbeet der Schlenkergasse an der Ecke zur Ackergasse soll ein Pflanzenparadies entstehen. Es ist die erste von vier kleinen und größeren Flächen, die sich im Rahmen des Förderprogramms Zukunft Innenstadt in einen „Ursel-Garten“ verwandeln wird. „Mit naturnahen Grünflächen schaffen wir Lebensraum für Insekten, Vögel und andere Tierarten. Gleichzeitig schaffen wir Räume für Erholung und Entspannung. Die Flächen steigern die Lebensqualität und verbessern das Stadtklima. Wir möchten durch das Anlegen und Pflegen der Ursel-Gärten ein grünes Netz schaffen, das ganz Oberursel durchzieht“, erklärt Bürgermeisterin Antje Runge das Konzept.

Der Name „Ursel-Garten“ steht für ein naturnahes, klimaangepasstes und insektenfreundliches Pflanzkonzept, das sich nach und nach in der Brunnenstadt ausbreiten soll. Dabei werden vorhandene, eher eintönige Grünflächen im Sinne von mehr Biodiversität revitalisiert. Bei Zukunft Innenstadt zeigt sich dafür die Diplom-Ingenieurin im Fachbereich Landschaftsarchitektur und Umweltplanung, Iris Sparwasser, verantwortlich. Sie ist Mitarbeiterin in der Initiative Main.Kinzig.blüht.Netz. Diese kreisübergreifende Aktionsgruppe setzt sich gemeinsam mit dem dortigen Landschaftspflegeverband für die ökologische Aufwertung zahlreicher Flächen in Siedlungsbereichen ein. 

Mit ihrer Firma „natur(t)räume“ ist sie nun vergangenes Wochenende erstmalig in Oberursel angerückt und hat Stauden in die Erde gebracht. Dafür wurden Teile des Bewuchses entfernt, die dortige Säuleneibe, ein Hibiskusstrauch und die Yuccapalme aber sorgsam belassen. Das Erdsubstrat wurde neu aufgebaut und angefüllt.


Die jungen Pflanzen brauchen nun einige Zeit, um sich voll zu entwickeln. In unserer schnelllebigen Welt ist es ungewohnt, den langsamen Rhythmus der Natur zu beobachten. Daher werden in Ursel-Gärten Blumenzwiebeln untergemischt, damit sich unser menschliches Auge auch an Frühblühern erfreuen kann.  Manche Wildstauden werden aber bis zu drei Jahre bis zur vollen Blüte brauchen.

Dafür sind sie anschließend robust und benötigen auf dem Weg dorthin wenig Pflege. Unschätzbar wird ihr Wert als Nahrungspflanze sein: für Schmetterlinge, Wildbienen, Hummeln und andere Insekten. In einem Ursel-Garten werden viele Tierchen satt.

Damit Schmetterling und Co. aber nicht nur ihren Hunger stillen, sondern auch eine Kinderstube für ihren Nachwuchs haben, ist mehr nötig – besser gesagt: weniger. Abgestorbene Pflanzenteile werden nicht vor dem Winter entfernt, sondern bleiben bis zu den ersten warmen Tagen des Frühjahrs stehen. Nur so können Larven und Eier in den vertrockneten Blütenkelchen und Stängeln überleben und sich weiterentwickeln. Vielen Menschen ist das Prinzip durch Insektenhotels im Garten bekannt. Hier wird das künstlich nachgebaut, was man sowohl auf öffentlichen, als auch auf privaten Grünflächen einfach durch vorübergehendes Nichts-Tun erreicht.

Ein Vorgehen, das in diesem Kontext immer größere Bedeutung erlangt, denn wir sehen uns weltweit mit einem immensen Insektensterben konfrontiert. Hierzulande gelten 42 Prozent der in den Roten Listen erfassten Insektenarten als bestandsgefährdet, extrem selten oder bereits ausgestorben. Noch dramatischer ist die Abnahme der Biomasse, also der Anzahl der Tiere – hier sind Rückgänge um die 80 Prozent keine Ausnahme. „Eine Welt ohne Insekten hätte drastische ökologische und ökonomische Folgen“, wie beispielsweise das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) auf seiner Webseite warnt. Viele Insektenarten erbringen elementare Ökosystemleistungen. Der Rückgang der Insekten hat damit unmittelbare Auswirkungen auf uns Menschen. Diesem Trend entgegenzusteuern ist eine Gemeinschaftsaufgabe.

In Oberursel beschäftigen sich immer mehr Initiativen mit diesem Thema. Somit greifen die Ursel-Gärten des Förderprogramms ein Engagement auf, welches schon an einigen Orten Oberursels wahre Blüten treibt. Der städtische Eigenbetrieb Bau Service Oberursel (BSO) kooperiert bereits an einigen Flächen mit der Insektengruppe der Lokalen Oberurseler Klimainitiative e.V. (LOK). Sie wurden weitestgehend naturnah gestaltet. Aber es gibt noch weitere Organisationen, die mit unterschiedlichen Konzepten mit gutem Beispiel vorangehen: das Bieneninstitut, die Stierstädter Kirchengemeinde St. Sebastian, der Gemeinschaftsgarten Bommersheim oder der Verein Freunde des Naturgartens.

Der nächste Ursel-Garten wird noch im Oktober rund um den Bärenbrunnen entstehen. Die ersten Vorbereitungen sind bereits am Wochenende erfolgt. Alle Pflanzen,  die noch in Ordnung waren, wurden aus den Beeten am Bärenbrunnen entnommen und vor Ort sowie auf dem Altstadtmarkt verschenkt.

Anschließend wird der Eingangsbereich des Rathauses revitalisiert. Eine größere Blühwiese ist für den Streifen entlang des Mäuerchens in der Adenauerallee geplant. Hier sind jedoch noch Abstimmungen mit der Denkmalschutzbehörde notwendig.



„Besuchen Sie unsere Ursel-Gärten zu jeder Jahreszeit. Beobachten Sie, wie wir gemeinsam  Flächen im urbanen Raum ökologisch wertvoller gestalten können. Zusammen mit anderen Umsetzungen entwickelt sich so nun Stück für Stück der „Grüne Weg“ im Rahmen von Zukunft Innenstadt vom Bahnhof bis zur Bleiche“, lädt Antje Runge zum Spaziergang ein.

 

Antje Runge

Bürgermeisterin