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Stadt Oberursel fordert Nachbesserungen beim Ausbau der 380-kV-Freileitung zwischen Eschborn und Bommersheim
Die Stadt Oberursel (Taunus) hat im Rahmen der Anhörung des Regierungspräsidiums Darmstadt zum Planfeststellungsverfahren für den Neubau der 380-kV-Höchstspannungsfreileitung zwischen Eschborn und Bommersheim eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben. Ziel ist es, die Belange von Bevölkerung, Natur und Wirtschaft wirksam zu schützen und eine ausgewogene, raumverträgliche Planung zu erreichen.
Hintergrund: Neue Höchstspannungsfreileitung zur Versorgungssicherheit
Die Tennet TSO GmbH plant zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit im Raum Frankfurt/Rhein-Main die Errichtung und den Betrieb einer neuen 380-kV-Höchstspannungsfreileitung auf einer Länge von rund neun Kilometern zwischen Eschborn und Bommersheim.
Das Vorhaben betrifft die Gebiete der kreisfreien Stadt Frankfurt am Main, der Städte Eschborn, Oberursel und Bad Homburg v. d. Höhe im Hochtaunuskreis. Die Standorte der Umspannwerke „Eschborn“ und „Bommersheim“, die durch die Freileitung verbunden werden sollen, sind nicht Bestandteil des laufenden Verfahrens.
Nun wurden seitens der Tennet TSO GmbH die entsprechenden Unterlagen beim Regierungspräsidium Darmstadt eingereicht, das nun das erforderliche Planfeststellungsverfahren durchführt. Im Zuge der Anhörung hat auch der Magistrat der Stadt Oberursel eine Stellungnahme vorgelegt.
„Die Energiewende darf nicht zu Lasten der Kommunen gehen“
„Die Energiewende darf nicht zu Lasten der Kommunen gehen, die ohnehin unter großem Flächendruck stehen“, betont Bürgermeisterin Antje Runge und fügt hinzu: „Wir fordern eine Planung, die den Schutz unserer Bevölkerung, der Natur und der landwirtschaftlichen Betriebe ernst nimmt und die regionale Entwicklung nicht behindert.“
Runge unterstreicht zudem, dass Oberursel die Energiewende grundsätzlich unterstützt, jedoch eine umfassende Abwägung aller Auswirkungen erwartet. Dazu gehöre insbesondere, mögliche Alternativen zu prüfen, Schutzabstände einzuhalten und regionale Erholungsräume zu bewahren.
Gemeinsames Vorgehen der betroffenen Kommunen
Die fünf Städte Bad Homburg v. d. Höhe, Eschborn, Frankfurt am Main, Oberursel (Taunus) und Steinbach (Taunus) haben sich auf ein koordiniertes Vorgehen beim bevorstehenden Ausbau des Höchstspannungsnetzes verständigt. Durch die enge Abstimmung in Planung, Bewertung und Beteiligung wollen sie verlässliche und einheitliche Rahmenbedingungen schaffen und zugleich Belastungen für Mensch, Natur und Wirtschaft minimieren.
Im Rahmen ihrer Stellungnahme verweist Oberursel auf die bereits abgestimmten gemeinsamen Beurteilungsmaßstäbe der Kommunen, die in einer gemeinsamen Pressemitteilung im Juni 2025 veröffentlicht wurden.
Diese umfassen:
- Flächeneffizienz und Trassenbündelung,
 - Schutz hochwertiger Landwirtschaftsflächen,
 - Sicherung städtebaulicher Entwicklung,
 - Erhalt von Natur- und Erholungsräumen (Sichtachsen, Naherholungsflächen, Schutzgebiete, Bodendenkmäler),
 - Erhalt von Wegeverbindungen,
 - Einfügung ins Landschaftsbild,
 - sowie eine gerechte Lastenverteilung zwischen allen betroffenen Kommunen und die verbindliche Beachtung aller Abstands- und Schutzvorgaben.
 
Wichtige Anregungen und Forderungen der Stadt Oberursel
In ihrer Stellungnahme hebt die Stadt mehrere Punkte hervor, die aus Sicht der Kommune zwingend zu berücksichtigen sind:
Kein Verzicht auf Raumverträglichkeitsprüfung für Umspannwerke
Der Erläuterungsbericht der Tennet TSO GmbH geht ohne ausreichende Prüfung davon aus, dass für den geplanten Netzverknüpfungspunkt (Umspannwerk) keine schwerwiegenden Konflikte bestehen. Eine solche Einschätzung sei unbegründet, da eine detaillierte Bewertung der möglichen Standorte bisher nicht erfolgt sei. Oberursel fordert daher eine eigenständige raumordnerische Prüfung für alle potenziellen Standorte.
Schutz der Landwirtschaft und landwirtschaftlicher Strukturen
Nach Ansicht der Stadt sind die Auswirkungen auf die Landwirtschaft bislang unzureichend dargestellt. Neben einem dauerhaften Flächenverlust von rund 4.300 Quadratmetern müssten auch die erheblichen Einschränkungen während der Bauzeit – etwa durch den Verlust bewirtschaftbarer Flächen und zusätzliche Betriebserschwernisse – berücksichtigt werden.
Sicherung von Regionalparkrouten und Erholungsräumen
Die geplante Trasse überspannt mehrfach Regionalparkkorridore und Naherholungsrouten, insbesondere die Regionalpark-Rundroute und den Hölderlinpfad.
In den eingereichten Unterlagen fehlen bislang Angaben zu den tatsächlichen Auswirkungen auf diese sensiblen Erholungs- und Landschaftsräume.
Größere Abstände zur Wohnbebauung an der Krebsmühle
Besondere Kritik äußert die Stadt an der vorgesehenen Trassenführung im Bereich der Krebsmühle, wo der Mindestabstand von 200 Metern zur Wohnbebauung deutlich unterschritten wird. Die Stadt hält die vom Vorhabenträger behauptete „Alternativlosigkeit“ für nicht nachvollziehbar und hat eine eigene Variante vorgelegt, die den Maststandort verlagert und den Abstand zur Bebauung auf etwa 150 Meter vergrößert.
Diese Lösung sei technisch und naturschutzfachlich möglich und würde die Anwohnerinnen und Anwohner spürbar entlasten.
Berücksichtigung bestehender Planungen
Im Bereich der ehemaligen Sendestation der American Forces Network (AFN) sind noch bauliche Anlagen vorhanden, zudem ist ein Verfahren für einen Biomassehof beim Regierungspräsidium anhängig.
Der geplante Maststandort 9 könnte dieses Vorhaben beeinträchtigen oder verhindern, weshalb eine Koordination mit bestehenden Planungen dringend erforderlich ist.
Energiewende mit Augenmaß
Die Stadt Oberursel bekennt sich zur Notwendigkeit des Netzausbaus im Zuge der Energiewende, fordert jedoch eine umwelt-, raum- und sozialverträgliche Umsetzung.
Das Ziel müsse sein, die Versorgungssicherheit in der Region zu stärken, ohne dabei die Lebensqualität der Bevölkerung oder die nachhaltige Stadtentwicklung zu gefährden.
Antje Runge
Bürgermeisterin
