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Gedenken 8. Mai: Oberursel erinnert an 80 Jahre Kriegsende

Ausstellung „Geraubte Kindheit“ und Gedenkfeier – Oberursel erinnert an 80 Jahre Kriegsende

Rund um den 8. Mai 2025, den 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs in Europa, hat Oberursel mit einer eindrucksvollen Ausstellung und einer bewegenden Gedenkfeier der Vergangenheit gedacht. Vor 80 Jahren endete ein Krieg, der weltweit über 60 Millionen Menschen das Leben kostete. Die Taunuskommune erinnerte mit den Veranstaltungen nicht nur an das unermessliche Leid von Krieg und Gewaltherrschaft, sondern sendet auch einen aktuellen Appell für Frieden und Demokratie in einer Zeit weltweiter Krisen.

Ausstellung und Literatur

Die Ausstellung „Geraubte Kindheit – Kriegskinder berichten aus vier Nationen“, die am 7. Mai im Rathausfoyer eröffnet wurde, gibt ehemaligen Kriegskindern aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Russland eine Stimme. In Portraits, Zitaten und Videointerviews berichten Zeitzeugen, wie es war, als Kind den Krieg zu erleben – mit Bombennächten, Flucht und Verlust. Eine Tafel zeigt etwa das bedrückende Fazit eines Zeitzeugen: „Das war mehr, als ich ertragen konnte. Meine Kindheit ist mir geraubt worden.“ Solche Aussagen machen begreiflich, was Krieg für die Jüngsten bedeutete. Die Erinnerungen dieser Zeitzeugen hat die Oberurseler Autorin Lilo Bieback-Diel in ihrem Buch „Geraubte Kindheit – Kriegskinder berichten aus vier Nationen“ festgehalten. Darauf aufbauend hat der Leipziger Fotograf Michael Oertel die Ausstellung konzipiert – in Zusammenarbeit mit dem Verein zur Förderung der Oberurseler Städtepartnerschaften (VFOS) und der Initiative Opferdenkmal e.V. Bürgermeisterin Antje Runge übernahm die Schirmherrschaft und unterstrich bei der Vernissage: „Diese Stimmen sind kostbar. Sie verbinden uns über Grenzen hinweg – und sie zeigen uns, wie wichtig es ist, Frieden nicht als Selbstverständlichkeit zu begreifen.“

Die Ausstellung versteht sich als Friedensprojekt, das Vergangenheit und Gegenwart verbindet. Bis zum 22. Mai ist „Geraubte Kindheit“ während der Öffnungszeiten im Rathaus Oberursel zu sehen – ein Angebot, das viele Bürgerinnen und Bürger sowie Gäste aus den Partnerstädten am 7. Mai bereits nutzten. So waren zur Eröffnung auch Besucherinnen und Besucher aus Épinay-sur-Seine (Frankreich) und Rushmoor (Großbritannien) angereist. Isabelle Tan, Stadträtin für Internationale Beziehungen in Épinay-sur-Seine betonte in ihrer auf Deutsch gehaltenen Rede, dass die Geschichten der Ausstellung ein Spiegelbild der Geschichte unseres Kontinents ist. Die Einbeziehung der Partnerstädte unterstreicht die Bedeutung von Städtepartnerschaften für die Völkerverständigung: Aus einstigen Feinden sind enge Freunde geworden, die gemeinsam der Vergangenheit gedenken und für eine friedliche Zukunft einstehen.

Umrahmt wurde die Vernissage musikalisch vom Chor „Entrüstet euch“, der mit Friedensliedern zu einer Atmosphäre der Besinnung, aber auch der Zuversicht beitrug.

Am 22. Mai wird es als Abschluss der Ausstellung im Hieronymi-Saal des Rathauses um 19 Uhr auch ausnahmsweise eine Finissage geben, in welcher die Historikerin Angelika Rieber aus dem Buch „Rettet wenigstens der Kinder“ lesen wird.

Gedenken und Erinnerungskultur

Am folgenden Tag, dem 8. Mai, versammelten sich zahlreiche Menschen zur Gedenkfeier am Mahnmal neben der Hospitalkirche in der Oberurseler Altstadt. Punkt 17 Uhr – genau 80 Jahre nach der Kapitulation im Jahr 1945 – legten Bürgerinnen und Bürger gemeinsam mit zahlreichen Vereinen der Stadt Oberursel, Stadtverordnetenvorsteher Lothar Köhler, Bürgermeisterin Antje Runge und Erstem Stadtrat Jens Uhlig Blumen am „Opferdenkmal“ nieder. Bürgermeisterin Antje Runge eröffnete das Gedenken mit einer Ansprache. Darin erinnerte sie an die Befreiung vom Nationalsozialismus und daran, wie wertvoll die seither vergangenen Jahrzehnte in Frieden und Freiheit sind. „Erinnerung ist keine Last. Sie ist eine Pflicht“, sagte Runge und machte deutlich, dass die Auseinandersetzung mit der Geschichte auch künftigen Generationen als Mahnung dienen muss.

Auch Annette Andernacht, Vorsitzende der Initiative Opferdenkmal, fand eindringliche Worte. Sie schilderte das Schicksal der Oberurseler Opfer von Krieg und NS-Diktatur und rief die Anwesenden dazu auf, das Andenken an diese Menschen lebendig zu halten.

Die Veranstaltungen machten deutlich, dass in der Brunnenstadt Erinnerungskultur aktiv gelebt wird. Seit Jahren engagiert sich die Initiative Opferdenkmal dafür, die Namen der lokalen NS-Opfer sichtbar zu machen – etwa durch die Errichtung des Mahnmals an der Hospitalkirche und durch Stolpersteine im Stadtgebiet, die vor den einstigen Wohnhäusern an Verfolgte erinnern. Die Verlegung der inzwischen 18 Stolpersteine in Oberursel wird durch ein gemeinsames Projekt der Feldbergschule, der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Hochtaunus e.V. (GCJZ), der Initiative Opferdenkmal e.V. und der Stadt umgesetzt. Jährlich am 8. Mai – und auch am Holocaust-Gedenktag im Januar – kommen Bürgerinnen und Bürger in Oberursel zusammen, um gemeinsam innezuhalten. Die Botschaft dieser Tage ist so aktuell wie vor 80 Jahren: Frieden und Demokratie sind keine Selbstverständlichkeiten. Die Stimmen der Zeitzeugen in der Ausstellung und die Worte der Rednerinnen bei der Gedenkfeier schlugen eine Brücke von der Vergangenheit in die Gegenwart. Über Ländergrenzen hinweg war ein eindringlicher Appell zu spüren: Nur im gegenseitigen Verständnis, im Bewahren der Erinnerung und im entschlossenen Eintreten für Menschlichkeit kann die wichtigste Lehre aus der Geschichte gezogen werden – für eine friedlichere Zukunft, in Oberursel und überall. 

 

Antje Runge

Bürgermeisterin